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Nationale Gesetze und Verordnungen

ICOMOS wurde gegründet, um Grundsätze zum Erfassen, Schützen, Erhalten (in Bestand und Wertigkeit) und Weitergeben (an künftige Generationen) des kulturellen Erbes der Menschheit auf internationaler Expertenebene zu entwickeln und dessen Umsetzung auf nationalstaatlicher Ebene zu fördern.


UNESCO-Welterbe-Konvention und Österreich

Obwohl Österreich mit der Entwicklung der Charta von Venedig als „Gründungsdokument“ von ICOMOS und der Geschichte des Welterbe-Übereinkommens eng verbunden ist, ratifizierte es das Welterbe-Übereinkommen der UNESCO erst Ende des Jahres 1992. Am 18. März 1993 trat somit das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ auch für Österreich in Kraft und Österreich wurde der 133. Vertragsstaat.
Am 28. Jänner 1993 wurde das Übereinkommen in englischer und französischer Fassung sowie in deutscher Übersetzung (diese ist nicht verbindlich) im Bundesgesetzblatt (BGBl) 60/1993 veröffentlicht.
Das Bundesgesetzblatt zur Welterbe-Konvention


Denkmalschutzgesetz (DMSG) und Welterbe

Dennoch steht bei der innerstaatlichen Rechtsumsetzung der UNESCO-Welterbe-Konvention noch ein langer Weg bevor, da das Übereinkommen ohne Erfüllungsvorbehalt, also self-executing, abgeschlossen wurde.
Der Gesetzgeber war der Meinung, dass der im Denkmalschutzgesetz und in den Naturschutzgesetzen formulierte Schutz auch den Schutz des österreichischen Welterbes gewährleisten würde. Dass dies jedoch nicht so ist, lässt sich an einer scheinbar „einfachen“ Welterbestätte wie „Schloss und Gärten von Schönbrunn“ aufzeigen: Schloss und Schlosspark sind durch das österreichischen DMSG vollflächig als Gesamtanlage unter Denkmalschutz gestellt, genießen also höchstmöglichen nationalen Schutz. Doch das DSMG kennt keinen weiter gefassten Umgebungs– oder Sichtachsenschutz, wie er aber für den Erhalt des Outstanding Universal Value (OUV) einer derartigen Welterbestätte zwingend notwendig ist.
Das österreichischen Denkmalschutzgesetz (DSMG) in der aktuell gültigen Fassung


Landesgesetze/Verordnungen und Welterbe

Für komplexere Welterbestätten, wie beispielsweise historische Stadtzentren oder Kulturlandschaften, kann nur das Zusammenspiel verschiedener rechtlicher Regelungen und Kompetenzen (im Sinne des Kumulationsprinzips), sowie eine strategische Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaften – je nach verfassungsmäßiger Zuständigkeit (im Sinne von Querschnittsmaterien) – den innerstaatlichen Schutz des Welterbe-Gutes gewährleisten. In Wirklichkeit lässt, trotz eines in den letzten Jahren grundsätzlich feststellbaren, positiven Trends, diese Abstimmung immer noch zu wünschen übrig: So mussten die ICOMOS-ExpertInnen feststellen, dass nicht einmal die Wiener Schutzzonen mit den Welterbezonen in ihren Grenzen übereinstimmen, was u.a. ein Problem (von mehreren) in der „Causa Heumarkt“ mit sich bringt. Zudem wurde in Wien die Welterbezone, die ursprünglich eine „Ausschlusszone“ für Hochhausbauten war, in eine „Zone mit erhöhter Aufmerksamkeit“ umgewandelt, obwohl der OUV der Welterbestätte „Historisches Zentrum von Wien“ u.a. als eine bis dato intakt bewahrte Stadtsilhouette definiert wurde.


Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz) und Welterbe

Rechtsexperten attestieren einzig dem Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP-G) die Qualität eines umfassenden rechtlichen Schutzinstrumentes auch für den Welterbeschutz in Österreich. Allerdings ist eine UVP erst ab einem gewissen Schwellenwert durchzuführen, der je nach Eingriff entweder von seinem Wert oder der Produktionskapazität abhängt, und ist daher nicht zwingend ein Schutz des Welterbes. Kleinere Bauvorhaben, die ebenso eine Welterbestätte beeinträchtigen können, sind damit meist nicht erfasst.
Umweltverträglichkeitsgesetz (UVP-G 2000)


ICOMOS-Austria-Arbeitsgruppe „Recht und Kulturelles Erbe“

Es ist daher festzustellen, dass das gebaute Kulturerbe Österreichs im Nationalen Recht eher dürftig geschützt ist. ICOMOS Austria hat daher Anfang 2021 eine Arbeitsgruppe „Recht und Kulturelles Erbe“ unter Vorsitz von Dr. Manfred Matzka eingesetzt, um diese Defizite systematisch zu erfassen, zu benennen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.


Von Österreich unterzeichnete Konventionen des Europarates im Zusammenhang mit Kulturerbe

Die Republik Österreich hat drei Konventionen des Europarates, die im Zusammenhang mit dem Kulturerbe stehen, unterzeichnet. Zwei davon wurden auch ratifiziert.

Granada-Konvention (No. 121, Convention for the Protection of the Architectural Heritage of Europe) von 1985: hat Österreich nur unterzeichnet, jedoch nicht ratifiziert. Der Hauptzweck des Übereinkommens besteht darin, die Politik zur Erhaltung und Verbesserung des europäischen Erbes zu stärken und zu fördern. Sie bekräftigt auch die Notwendigkeit europäischer Solidarität in Bezug auf die Erhaltung des kulturellen Erbes und soll die praktische Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien fördern.
Granada-Konvention

Valetta-Konvention (No. 143, European Convention of the Protection of the Archaeological Heritage) von 1992: ist die überarbeitete Version der European Convention on the Protection of the Archaeological Heritage (No. 066) aus dem Jahre 1969. Der neue Text macht die Erhaltung und Verbesserung des archäologischen Erbes zu einem der Ziele der Stadt- und Regionalplanungspolitik. Die Republik Österreich hat diese Konvention 2014 unterzeichnet und 2015 ratifiziert und kund getan.
Valetta-Konvention (in englischer Sprache)
Das Bundesgesetzblatt und die deutsche Fassung der Valetta-Konvention

Faro-Konvention (No. 199, Council of Europe Framework Convention on the Value of Cultural Heritage for Society) aus dem Jahre 2005: hat die Republik Österreich 2014 unterzeichnet, 2015 ratifiziert und im Bundesgesetzblatt BGBl 3/2015 kundgetan. Dieses Rahmenübereinkommen des Europarates über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft betont die wichtigen Aspekte des Erbes in Bezug auf Menschenrechte und Demokratie. Es fördert ein breiteres Verständnis des Erbes und seiner Beziehung zu Gemeinschaften und Gesellschaft. Die Konvention ermutigt anzuerkennen, dass Objekte und Orte aufgrund der Bedeutung und Verwendung, die Menschen ihnen beimessen, und der Werte, die sie repräsentieren, wichtig sind, und nicht per se.
Faro-Konvention (in englischer Sprache)
Das Bundesgesetzblatt und die deutsche Fassung der Faro-Konvention